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  • AutorenbildOliver Masch

Was tun, wenn Humor in der Partnerschaft verletzt

Aktualisiert: 9. Dez. 2022


Humor kann dazu beitragen, dass wir in einer erfüllenden Beziehung leben, die lange hält. Es kann jedoch auch sein, dass ausgerechnet der Humor unsere Partnerschaft ins Wanken bringt, genauer: es feuert den negativen Tanz des Paares an, der die emotionale Verbundenheit gefährdet.


Einerseits spüren wir Liebe, und andererseits erleben wir, meist unterschwellig, dass uns gerade der Humor unseres Partners verunsichert, verletzt oder sogar demütigt.


„Du verstehst meinen Humor einfach nicht“, sagt Christian zu seiner Partnerin, die prompt darauf antwortet: „Ja, weil das billige Sprüche sind, die nur auf meine Kosten gehen.“


Schauen wir uns also etwas genauer an, wie wir mit dieser Spannung umgehen können: Was tun, wenn Humor in der Partnerschaft verletzt?


Wie wir noch sehen werden, geht es weniger um Kommunikationsprobleme, sondern vielmehr um das unerfüllte Bedürfnis nach Bindungssicherheit.


Dazu möchte ich fünf Schritte zur Deeskalation vorstellen, die sich in der Emotionsfokussierten Paartherapie bewährt haben. Wenn negative Beziehungsmuster durchbrochen werden, kann sich mehr Verbundenheit und Sicherheit in der Beziehung einstellen. Dann ist auch der Humor ein verbindendes Element.


Abschätziger Humor: eine Form von Verachtung

Verachtung

Die oben beschriebene Spannung spüren in der Regel beide Partner – früher oder später.


Klar davon abzugrenzen ist jedoch bitterböser Humor, der gezielt unter die Gürtellinie geht. Also Beleidigungen und Provokationen, die scheinbar nur das eine Ziel haben: den Partner bewusst zu entwerten.


Lachen kann wehtun, vor allem, wenn nur einer etwas zu lachen hat.


Christian weiß, dass sein bisweilen abschätziger Humor die Atmosphäre vergiften kann. Er hat sich mit den vier apokalyptischen Reitern beschäftigt, die ein Scheitern der Beziehung prophezeien können: Kritik, Verachtung, Rechtfertigung und Mauern.

„Ja, ich kann es verstehen“, sagt Christian zu Bettina, „dass dich meine Sprüche verletzen und irgendwie klein machen...“

Abschätziger Humor ist eine Form von Verachtung.: „Es ist so gut wie unmöglich“, schreibt John Gottman in seinem Buch die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe, „ein Problem zu lösen, wenn der Partner den Eindruck bekommt, dass man ihn ablehnt. So führt Verachtung zwangsläufig zum Konflikt und nicht zur Bereinigung der Situation.“



Andere Formen der Verachtung sind Augenrollen, Verfluchen und Verhöhnen, die oftmals mit Sarkasmus und Zynismus einhergehen können. Es ist der „gefährlichste der vier Reiter“, so Gottman.

Bettina fällt auf, dass ihr sein Humor erst in der letzten Zeit, vor allem seit dem Lockdown, so richtig auf die Palme gebracht hat. „Ja, und dann rolle ich eben auch mal mit den Augen“, sagt sie und nickt mit dem Kopf.

Die immer wieder kehrenden Auseinandersetzungen haben letztlich dazu geführt, dass Christians Humor deutlich bissiger geworden ist:


„Verachtung wird von lange schwelenden negativen Gedanken über den Partner genährt“, schreibt John Gottman. „Solche Gedanken können entstehen, wenn Schwierigkeiten nicht gelöst werden.“

Christian spürt neben Verachtung zudem Scham, da er sich selbst nicht wieder erkennt: „Es ist für mich sehr schwer zu akzeptieren, dass ich ein Kleinmacher sein soll. Sofort fallen mir tausend Dinge ein, warum ich dies gemacht habe: z. B. die Tatsache, dass du dich nicht für mich interessierst, wenn es mir mal nicht gut geht...“


Selbstironie verbindet


Humor mit einer Prise Selbstironie dagegen verbindet. Es ist jedoch eine trickreiche Kunst, die in konfliktreichen Situationen nach hinten losgehen kann.


„Die schwierigste Turnübung“, so der Kabarettist Werner Fink, „ist immer noch, sich selbst auf den Arm zu nehmen.“

„Kannst du nicht einmal ernst bleiben“, meint Bettina. „Wenn du dich selbst durch den Kakao ziehst, wird die Sache auch nicht besser.“ Christian hat es zwar geschafft, seine eigene Wut durch Selbstironie zu dämpfen, doch letztlich erlebt er Bettina sogar noch gereizter als zuvor, was bei beiden weiteren Unmut und Verzweiflung auslöst.


Bettina fühlt sich noch weniger ernst genommen und Christian weiß überhaupt nicht mehr, was er tun soll, um Ruhe in die Situation zu bekommen: das Paar steckt in einer Feedbackschleife fest - in einem Teufelskreis:


Humor als Trigger für emotionale Distanz, Streit und Eskalation


Durch eine einzige, vielleicht sogar witzig gemeinte Bemerkung des Partners oder der Partnerin können also Konflikte ausgelöst werden, die stark verunsichern.


Derartige Situationen eskalieren zunehmend und das Paar ist mit schwierigen Emotionen wie Wut, Schuld, Scham, Verachtung konfrontiert.


„Nicht regulierbare, überwältigende Emotionen können die Sinne überfluten und das Blickfeld verengen“, schreibt Sue Johnson in ihrem Buch Praxis der Emotionsfokussierten Paartherapie: „Werden Emotionen nur eingeschränkt wahrgenommen oder zum Ausdruck gebracht, kann man weniger verständnisvoll auf andere eingehen und verfängt sich in einer Spirale negativer Emotionen und Interaktionen.“

Der Sympathikus wird aktiviert: Kampf, Flucht und Erstarren sind die Notfallprogramme unserer Vorfahren, über die ich in der zweiten Folge „Alles Rogers“ gesprochen habe. Entweder geben wir dem Partner die Schuld, ziehen uns schweigend zurück oder verharren in einer scheinbar gleichgültigen Haltung.


„Kann sein, dass ich manchmal total ausflippe“, kommentiert Bettina den Rückzug von Christian, „ich merke auch irgendwie, dass es falsch ist, aber hinterher ist man eben immer schlauer!“


Das Inakzeptable akzeptieren: die Koregulation von Emotionen.


Emotionen lassen sich am effektivsten regulieren, wenn wir in einer Beziehung leben, in der wir uns aufeinander einstimmen können.


Entscheidend dabei ist, „dass die Person nur dann das Inakzeptable in sich selbst akzeptieren kann“, so Carl Rogers, „wenn sie sich in einer engen Beziehung befindet, in der sie Angenommensein erfährt.“




„Ja, ich wünsche mir mehr Wertschätzung und Stabilität“, bringt Christian zum Ausdruck, „ich möchte endlich mal wieder so gesehen werden, wie ich bin, und dann ist das auch so in Ordnung.“


Paartherapie kann helfen, wenn Paare allmählich erkennen, dass sie sich in ein negatives Beziehungsmuster verfangen haben, das Einsamkeit, Schmerz und Verzweiflung verursacht. Um dies zu ermöglichen, akzeptiert der EFT-Therapeut oder Therapeutin bedingungslos das gegenwärtige emotionale Erleben beider Partner.


„Das ist… ein großer Teil von dem, was Psychotherapie ausmacht - dass das Individuum entdeckt, dass die Gefühle, deren es sich geschämt hat oder die es nicht imstande war, dem Bewusstsein gegenüber zuzulassen, dass diese Gefühle von einer anderen Person akzeptiert werden können, und es auf diese Weise fähig wird, sie als einen Teil von sich selbst ebenfalls zu akzeptieren.“

Durch das Akzeptieren negativer Emotionen wird Vertrauen, Sicherheit und Wertschätzung aufgebaut. Dies ist auch die Basis für eine erfolgreiche Therapie.


„Wir fokussieren uns in erster Linie auf die vernachlässigten, undifferenzierten oder verleugneten Kernemotionen“, schreibt Sue Johnson, „doch da wir das Paar ja dort abholen, wo es sich gerade befindet, beginnen wir die Therapie in der Regel mit den auffälligsten Emotionen des Teufelskreises, unter dem das Paar leidet (z. B. der Ärger) und stellen sie in den spezifischen Kontext.“


Grundmuster fehlender Verbundenheit

Wenn wir in derartigen Situationen keine sichere Verbindung mit unserem Partner aufbauen können, verstricken wir uns in der Regel in eines der drei Grundmuster, die Sue Johnson, „Teufelsdialoge“ nennt:

  1. „Suche den Bösewicht“: d. h. nicht ich bin schuld, sondern der andere. Feindseligkeit und wechselseitige Angriffe stehen im Vordergrund.

  2. Protestpolka: ein Partner ist kritisch und zunehmend aggressiv, und der andere distanziert und defensiv.

  3. Erstarren und Fliehen: tödliches Schweigen und eisige Kälte prägen die Beziehung.


Das gemeinsame Aufspüren der „Teufelsdialoge“ in der Paarbeziehung entlastet viele Paare, da es um einen Tanz geht, den beide anstimmen.