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AutorenbildOliver Masch

„Paartherapie? Es läuft doch!“- Was tun, wenn der Partner nicht mitgehen will?

Aktualisiert: 16. März 2022

In meiner Praxis melden sich immer mal wieder Klienten, die unsicher sind, ob ihr Partner oder Partnerin eine Paartherapie angehen will. Das ist Zündstoff für die vielleicht eh schon unsichere Beziehung: einer will, der andere nicht.

Deshalb möchte ich in diesem Artikel zeigen, was man konkret tun kann, um mit diesem Dilemma umzugehen.


Diesmal werden uns Gabi und Florian begleiten.


Wenn ein Paar in einer Beziehungskrise steckt, kümmert sich in der Regel zunächst ein Partner aktiv darum, Hilfe zu finden.


„Wenn du meinst, dass wir sowas jetzt auch noch brauchen“, sagt Florian zu seiner Lebensgefährtin, die im Internet nach Angeboten für Paare sucht, „dann mach du bitte aber einen Termin.“


Und diejenigen, die dann tatsächlich den Hörer in die Hand nehmen, hoffen insgeheim, dass der Partner oder die Partnerin wenigstens zum Erstgespräch mitkommen wird.



Der Leidensdruck ist hoch, und die Angst vor Veränderung meist auch.


Ist der erste Schritt jedoch getan, also z. B. ein Erstgespräch oder ein Workshop, so zeigt die Erfahrung, lassen sich meist viele auf einen gemeinsamen Weg ein.


Gabi ahnt jedoch, dass es ein langer Weg werden könnte. Beide sind zwar der Ansicht, dass was passieren müsste, doch so überzeugt wie seine Lebensgefährtin ist Florian noch nicht.


Auch bei Gabi und Florian, die vor einigen Jahren eine tiefe Krise durchgemacht haben, zu der ich noch kommen werde, ist der Leidensdruck enorm.


„Ich komm‘ ja mit. Wenn’s dann auch hilft“, meint Florian schließlich etwas ungehalten, der auf die Uhr schaut und sich rasch den Mantel anzieht, um zur Arbeit zu gehen.


Andererseits ist es durchaus möglich, dass Paare mit einer anfangs gemeinsamen Motivation nur einmal kommen.


🙏Die Chemie muss eben stimmten.


Dass der Weg in die Paartherapie mitunter schwerfällt, hat nachvollziehbare Gründe.


1. „Ich brauche keine Therapie.“


Eine Klient hatte mir mal am Telefon geschildert, dass seine Freundin beim Wort „Therapie“ direkt dicht machen würde, weil sie eben nun mal nicht „krank“ sei.


🍀Für manche ist das Wort „Therapie“ bereits abschreckend, und es kann bisweilen helfen, dem Partner oder Partnerin zu sagen: „Komm, wir gehen erstmal zu einer Beratung oder machen einen Workshop.“


Diese „Unverbindlichkeit“ kann verbinden,

denn in der Beratung informiert sich das Paar zunächst über mögliche Hilfen, die sich beide in Ruhe anschauen können.


In einem Workshop lernt man beispielsweise auch andere Paare kennen, und die Thematik wird mit den anderen geteilt.


Für manche Paare ist ein Paarseminar oder Workshop die ideale Unterstützung.


Das ist jedoch nicht immer sinnvoll, vor allem wenn besonders schwierige und lang andauernde Konflikte innerhalb der Partnerschaft vorliegen: z. B. Mobbing, Gewalt, Suizidalität, psychische Störungen wie Schizophrenie usw.


2. „Ok, wenn das die Krankenkasse übernimmt .“


Viele hoffen, dass man eine Paartherapie kassenärztlich abrechnen kann.

Das Wort „Therapie“ lässt das vielleicht vermuten. Damit wären zumindest die Kosten abgedeckt.

Dem ist aber nicht so. In einer Paartherapie geht es in erster Linie um festgefahrene Interaktionsmuster, nicht um psychische Störungen, die gemeinsam bearbeitet werden.


Damit aber eine Psychotherapie von der gesetzlichen Krankenkasse getragen werden kann, muss eine Diagnose für den einzelnen Patienten festgestellt werden, z. B. schwere depressive Episode. Manchmal kann es durchaus Sinn machen, wenn nur einer diesen Weg geht.


Allerdings kann eine Einzeltherapie zeitweise neue Konflikte in die Partnerschaft bringen.


Der Partner muss sich ja auch an die Veränderungen gewöhnen, die eine Psychotherapie mit sich bringen kann: positiv oder negativ. Begleitend dazu kann eine Paartherapie durchaus entlasten und stärken.


An diesem Punkt stehen Gabi und Florian. Vor zwei Jahren litt Florian unter einer schweren depressiven Episode, die stationär behandelt werden musste, da akute Suizidalität vorlag.

Gabi war damals extrem belastet. Haushalt, Kinder, Job und wenig Unterstützung führten dazu, dass sie sich selber Hilfe suchen musste.


Die Partnerschaft litt ebenso unter der familiären Situation. Es war zu viel Belastung, statt Entlastung, und eine gegenseitige, emotionale Unterstützung war kaum noch zu spüren.

Das Leben hatte sich durch die Krankheit für beide grundlegend geändert, und es dauerte einige Zeit bis sich wieder eine gewisse Normalität eingestellt hatte.


3. „Das ist doch rausgeschmissenes Geld.“


Die nächste Hürde ist meist die finanzielle Situation oder besser gesagt: „Können wir uns das überhaupt leisten, wenn‘s dann doch nichts bringt?“


Diese Gedanken hat auch Florian, der nicht genau weiß, ob seine Lebensgefährtin so eine tiefe Krise noch mal durchmachen will. Was er mittlerweile gut verstehen kann. Deshalb die Paartherapie.


Da steckt natürlich die Sorge hinter, dass die gesamten Kosten letztlich sogar zu einer Bankrotterklärung der Beziehung führen könnten:


„Was ist, wenn wir herausfinden, dass wir uns besser trennen sollten“, zweifelt jetzt auch Gabi, die vor einigen Monaten ein kleines Techtelmechtel mit einem Kollegen hatte.


Es sei sein etwas pubertierender Humor gewesen, so Gabi, der endlich mal wieder Farbe in ihr Leben gebrachte hätte.


4. „Das geht doch keinem was an!“


Neben dem finanziellen Argument, kommt noch hinzu, dass kein Klient vorher weiß, ob der Berater oder die Therapeutin die persönliche Situation des Paares und der Partner wirklich erfassen kann. Schließlich soll eine Paartherapie ja kein Verhör oder Anklage sein.

Es könnten „unangenehme“ Fragen gestellt werden; das Setting ist ungewohnt und die beratende Person meist unbekannt.


„Ich kenne sowas nicht“, sagte Florian einmal unvermittelt.


Deshalb ist es wichtig, genau das vorab mit den Klienten abzuklären: „Sagen Sie mir bitte, wenn Sie etwas nicht beantworten wollen.“


Es gehört in der Regel viel Mut dazu, dieses Risiko gemeinsam einzugehen und sich überhaupt zu öffnen.


„Der ideale Therapeut ist in erster Linie empathisch“, sagt Carl Rogers. D. h. erst durch empathisches Spiegeln bzw. Verstehen beider Partner wird eine sichere Atmosphäre geschaffen.


Und so ist die Personzentrierte Gesprächsführung das Herzstück der emotionsfokussierten Paartherapie, kurz: EFT.


„Empathisch zu sein, bedeutet, die Welt durch die Augen der anderen zu sehen und nicht unsere Welt in ihren Augen“, sagt Carl Rogers weiter.


Sue Johnson, die die EFT konzipiert hat, meint dazu, dass der Therapeut stets bestrebt sei, „Partnern zu helfen, ihr emotionales Bewusstsein, besonders die tieferen und weicheren Emotionen, zu erweitern und einander neue Signale zu senden, die wiederum neue und positivere Formen der Begegnung zur Folge haben.“


Wenn sich ein Paar in einer Krise befindet, ist es manchmal nicht einfach, Unterstützung zu finden, die zum Paar passt.


Ein unverbindliches Telefonat sollte daher schon mehr Klarheit bringen und Vertrauen herstellen. Allerdings ist da ja nur ein Partner beteiligt. Um eine vertrauensvolle Basis für die gemeinsame Zusammenarbeit zu ermöglichen, bieten viele Paartherapeuten ein kostenloses Vorgespräch oder sogar Erstgespräch an.

Dies liegt mir auch am Herzen, denn im Vorgespräch kann schon mal abgeklärt werden, ob die Chemie stimmt, und wie der Therapeut oder Therapeutin arbeitet.


In jedem Fall ist der Hinweis auf kostenlose Beratungsstellen z. B. der Caritas im telefonischen Vorgespräch oder besser noch in der Praxis Pflicht, wobei man ggf. mit langen Wartezeiten rechnen muss.


Auch gibt es Online-Kurse, Ratgeber, Workshops, und Paarseminare, die zunächst helfen können.

Und die Telefonseelsorge.


Es gibt sicherlich noch viel mehr Gründe, weshalb der eine will, oder der andere nicht.

Und manch einer leidet unter der aktuellen Paar-Situation so stark, dass bisweilen sogar ein Ultimatum aufgestellt wird: „Entweder du kommst mit oder das war‘s und ich gehe.“


Soweit muss Gabi nicht gehen. Florian ist ihr zuvorgekommen und hat einfach einen Termin für ein Vorgespräch vereinbart. So kann sich das Blatt wenden!


„No risk, no fun“, witzelt er herum und gibt ihr einen dicken Kuss.


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